Filderstädter Mitteilungen aus Umwelt- und Naturschutz 1998/1999


Pilze - Ein Wunder der Natur

Alfred Schumacher
Biotopkartiergruppe Filderstadt

Interessantes über Pilze !

Die Pilze sind seit eh und je etwas Geheimnisumwittertes und seit Urzeiten bei den Menschen mehr oder weniger bekannt. Schon seit langer Vorzeit wird ihnen magisches angeheftet, besser gesagt angedichtet. Im Volksmund heißt es Pilze (oder Schwammerl) wie sie in Österreich oder Bayern sagen, sind Teufelszeug mit ihnen ist der Satan im Bunde.

Märchen und Volkslieder erzählen von Männlein im Walde, uralte Sagen von sonderbaren Gestalten, welche mit dickem Leib und rundem Hut am Waldboden stehen, schnell erscheinen, unmerklich verschwinden und immer umwittert von dunklen Geheimnissen sind.

Es mögen in diesen Zeiten viele Menschen an Pilzen erkrankt (vergiftet) oder gar gestorben sein, denn es gab ja damals noch keine Pilzbestimmungsbücher oder Pilzberatungsstellen höchstens mal eine alte Kräuterliesel oder ähnliches. Man mußte die Pilze einfach mal essen oder vorkosten für die damaligen Herrschaften und konnte von >Glück< sprechen wenn man zufällig eßbare Pilze gereicht bekam oder gesammelt hatte und überlebte oder von >Pech<, wenn man giftige vorgesetzt oder mit nach Hause brachte und dies mit Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Speichelfluß, Schweißausbrüchen, Atemnot, Schwindelgefühle, Halluzinationen oder gar mit dem Tod, bezahlen mußte, je nach Pilzart die man durch Unkenntnis zufällig sammelte oder wie gesagt vorgesetzt bekam!

So kann man sich leicht vorstellen, daß zu Urzeiten die Pilze als Teufelszeug geächtet und doch auch wieder beliebt waren und gesucht wurden, weil einige von ihnen doch so gut schmeckten und auch der armen Leute Fleisch war. Die Stäublinge (Boviste) waren der Teufelsschnupftuback. Da der Inhalt der Boviste, die reifen Sporen-(der Fruchtstaub) dem Schnupftabak so ähnlich sah, wurde er als solcher ausprobiert, was natürlich niemand gut bekam.

Die farbenprächtigen roten mit weißen Tupfen verzierten Fliegenpilze, welche durch ihre Farbenpracht damals schon den Menschen aufgefallen sind und uns heute noch erfreuen, wurden als die Allergiftigsten angesehen, denn nach ihrem Genuß waren die Leute nicht mehr bei Verstand und redeten wirres Zeug. Also konnten nur Hexen böse Geister oder der Teufel am Werk gewesen sein.

Ein anderes auffallendes Phänomen bei den Pilzen sind lange Pilzreihen (Pilzgürtel) oder verschieden große Ring oder kreisförmig gewachsene Gebilde (heute noch als Hexenringe bezeichnet). Dies wurde als Werk von bösen Geistern gehalten, denn wer sonst könnte solches machen. Diese Ringe sollen die nächtlichen Tanz und Vergnügungsstätten von "Schwammgeistern" Hexen und Elfen, Teufeln und Belzebuben gewesen sein!

Heute weiß man, daß das Myzel wie bei einem Steinwurf ins Wasser die Wellenkreise, sich beim Pilz die Kreise oder Ringe jedes Jahr weiter ausdehnen. Das Myzel wandert nach außen auf der Suche nach Nährstoffen, die es im Kreisinnern schon verbraucht hat. So dehnt sich auch das Myzel bei den Pilzreihen der Länge nach aus. Dies kann man im Spätherbst hauptsächlich bei den Nebelkappen oder beim Violetten-Rötelritterling beobachten, natürlich auch noch bei vielen anderen Arten und über die gesamte Pilzhauptzeit.

Man soll ja nicht meinen, daß alle Menschen heute frei von solchen Vorstellungen sind. Der Aberglaube ist weiter verbreitet als man gemeinhin annimmt. So wird heute noch von manchen Menschen behauptet, Pilze die bei Berührung, Verletzung oder an Schnitt- und Druckstellen blau anlaufen wären giftig. Dies stimmt natürlich nur bedingt. Die Marone, Hexenröhrlinge und verschiedene andere Röhrlinge, laufen bei der geringsten Berührung oder Verletzung sofort blau an, sie sind roh giftig. Abgekocht oder gebraten werden sie als vorzügliche Speisepilze geschätzt. Genauso wenig stimmt es wären Giftpilze dabei, wenn man einen Silberlöffel oder Zwiebel ins Pilzgericht eintaucht und diese würden dunkel anlaufen, dies wäre zu schön um wahr zu sein!

Auch wird behauptet, alle Pilze die von Tieren angefressen werden sind ungiftig, auch dies ist nicht richtig. Beispiel: die für uns Menschen tödlich giftigen Knollenblätter oder Risspilze sowie auch die etwas weniger giftigen wie Satanspilze, Fliegenpilze, Pantherpilze und so weiter, werden von verschiedenen Tieren mit Genuß verspeist, ohne Schaden daran zu nehmen.

Dies soll uns aber nicht leichtsinnig machen, denn es ist wirklich Vorsicht geboten, wenn auch der Teufel nicht immer im Detail steckt, so steckt doch manche Besonderheit in den Pilzen Dafür gibt es Beispiele genug. Viele Pilze sind roh giftig können aber gut gekocht vorzügliche Speisepilze sein. Andere werden beim Essen und gleichzeitigem Alkoholgenuß giftig, z.B.: (Hexenröhrlinge und Faltentintlinge). Wieder andere Pilze können bei ihrem Genuß bei manchen Menschen eine Allergie auslösen, z.B.: der Violette- Rötelritterling, die Nebelkappe oder der Hallimasch und viele Pilzsammler sind voll des Lobes über deren Schmackhaftigkeit.

Verschiedene Pilze sind derart bitter, daß schon ein kleines Pilzchen oder ein abgebrochenes Stückchen eines bitteren Pilzes, das versehentlich in den Kochtopf oder in die Bratpfanne kommt, ein ganzes Pilzgericht ungenießbar machen, z.B. (Grünblättriger-Schwefelkopf, Gallenröhrling verschiedene Täublinge usw.) Man soll auch >nie< jemanden zum Pilzeessen nötigen. Schon der Widerwillen kann bei Kindern und Erwachsenen eine Allergie auslösen. Auch das leckerste Pilzgericht muß nicht allen Menschen munden.

Ein Pilz vor dem ich auch noch warnen will ist der Kahle-Krempling. Er wurde noch vor wenigen Jahren als Speisepilz bei uns verkauft. Neuerdings wurde festgestellt daß er gefährlich giftig ist. Sein Gift scheidet der menschliche Körper nicht mehr aus, so daß es sich beim öfteren Genuß über Jahre im Körper ansammelt und zur Zeitbombe wird. Es kann dann zu schweren Leberschäden kommen.

Bei den Pilzen besteht noch eine große Wissenslücke und viele Erkenntnisse sind erst in den letzten Jahren erforscht und erkannt worden. Dennoch weiß heute noch niemand genau, wieviel verschiedene Pilzarten es auf Erden gibt. Geschätzt werden alle Mikro.- und Macropilze zusammen auf runde einhunderttausend Arten. Dies ist eine so riesige Zahl, daß es keinem Menschen möglich ist, auch nur annähernd alle zu kennen. Selbst wenn man die große Zahl der Mikropilze nicht mitzählt, sind es noch Tausende, also immer noch viel zu viel um alle zu kennen. Wenn man dazu noch bedenkt, daß fast jede Art zigfach in Farbe und Gestalt ziemlich stark variiert.

Leider wurde festgestellt, daß ein großflächiger Rückgang der Pilzmyzels mit dem neuartigen Waldsterben einhergeht und es weiß niemand genau ob das Waldsterben vom Pilzsterben oder das Pilzsterben vom Waldsterben abhängt, sicher ist nur, daß mit dem Waldsterben auch ein Pilzsterben eingesetzt hat. Jede dritte Pilzart steht heute schon auf der roten Liste. Man weiß, daß die Pilze und der Wald ganz eng miteinander verbunden sind, sogar ohne einander nicht leben können, denn viele Bäume und Pilze sind eine enge Lebensgemeinschaft miteinander eingegangen, genannt Symbiose. Dies ist eine Wechselbeziehung zwischen zwei verschiedenen Organismen bei der beide Beteiligte nur Vorteile haben, nicht wie bei Schmarotzern, wobei einer den andern ausnimmt und zum Teil sehr schadet. Diese Lebensgemeinschaft zwischen Pilz und Baum ist so eng, daß wenn der Pilz stirbt, auch der Baum stibt. Genauso in umgekehrter Reihenfolge. Stirbt der Baum, geht auch der Pilz ein. In beiden Fällen, beim Pilz und Waldsterben ist die Schadstoffaufnahme aus der Luft und dem Boden die Hauptursache.

Was Pilze von den meisten anderen Pflanzen unterscheidet: sie bilden kein Blattgrün (Chlorophyll) und auch keine Blüten aus. Den Grundstoff welchen viele Pilze zum Leben brauchen holen sie sich von Bäumen oder einer anderen Pflanze. Diese geben dem Pilz Zucker und erhalten als Gegenleistung dafür vom Pilz Wasser, Nährsalze und Aminosäuren.

Unter den Pilzen sind auch viele echte Schmarotzer, die ihre Wirtspflanze bis zu deren Untergang ausbeuten. Es sucht sich jede Art ihren eigenen Wirt aus. Viele leben vom Holz was sie zum Teil zu großen Forstschädlingen macht. Der bekannteste von ihnen ist der Hallimasch, er befällt vorwiegend Fichten, verschmäht aber auch anderes Holz nicht. Hier kann man auch den Austernseitling erwähnen. Dieser lebt in der Hauptsache von Buchen. Der Myzel dringt in den kleinsten Spalt oder Rindenverletzung ein und durchzieht den ganzen Baum mit seinem Geflecht und läßt ihn nicht mehr los, bis der Baum und sei er noch so groß, auseinanderfällt, zerbricht und mit der Zeit mit Hilfe anderer Kleinstlebewesen zu Humus verrottet. Einige Pilze haben sich sogar andere Pilze als Nahrung ausgesucht. So gibt es eigentlich nichts , was nicht von Pilzen befallen wird, denn wie man weiß, auch wir Menschen werden von den Pilzen nicht vergessen, sowie ein Großteil unserer Nahrungsmittel und unsere Häuser. Auch vor den Tieren machen Pilze nicht halt! Hier könnte man noch vieles aufzählen.

Ganz neu ist (dies wurde erst in den letzten Tagen im Fernsehen veröffentlicht,) daß es Tübinger Forschern gelungen ist die großräumig abgeholzten Regenwälder mit Hilfe eines Pilzes wieder langsam aufzuforsten, was bislang für fast unmöglich galt.

Bei uns in Deutschland sollen rund 4 500 Großpilzarten (Makropilze) vorkommen. Auch hier weiß die genaue Zahl niemand. Davon stehen > wie schon erwähnt < fast jeder Dritte auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Wenn dies so weitergeht kann dies unübersehbare Folgen für ganze Ökosysteme haben, denn ohne Pilze gibt es keinen Wald! Natürlich lebt nicht nur der Wald von den Pilzen, sie sind auch ein wichtiges Glied in der Nahrungskette großer Teile der Tierwelt, z.B. Hirsche, Wildschweine, Rehe, Hasen, Eichhörnchen, Siebenschläfer, verschiedene Maus - Arten, Schnecken, viele Vogelarten und Hunderte von Insekten leben unter anderem von den Pilzen. Schon aus diesem Grund sollte jeder Spaziergänger oder Pilzsammler keinen Pilz unnötig herausreißen oder zertreten, denn alle Pilze, ob giftig, ungenießbar, madig,. faulig, bitter, stinkend, schön, ob er einzeln in Reihen, in Kreisen oder massenhaft dasteht, ganz egal, denn jeder Pilz, ob im Wald oder auf der Wiese, hat in der Natur noch eine wichtige Funktion zu erfüllen, wie oben erwähnt als Nahrung der Tiere oder als Sporenverbreiter für neue Pilzgenerationen.

Was wir allgemein als Pilz bezeichnen oder die Pilzsammler im Wald und auf Wiesen in ihre Körbe sammeln ist nur die Frucht der Pilze. Der eigentliche Pilz, das Myzel ist ein Geflecht, ein Gewirr von vielen verschieden starken Strängen oder Fäden, welche von mehreren Millimeter Stärke bis hin zu Spinnweben oder mikroskopisch feinen Strängen und Netzen verflochten sind. Sie bleiben meist unsichtbar für uns in der Erde, oder durchziehen die Laubschicht auf dem Waldboden und haben sogar die Fähigkeit kompaktes Holz total zu durchsetzen. Die kleinste offene Stelle oder Wunde in der Rinde eines Baumes kann benutzt werden zum Eindringen in das Holz. Ab und zu bekommt man ein Stück Myzel zu sehen in einer Aufbruchstelle, wenn Wildschweine die Erde umgraben, oder wenn Rindenstücke sich von einem pilzbefallenen Baum lösen. Dabei entdeckt man, daß die Pilzmyzel verschieden farbig sind, weiß, gelb,verschieden braun, rostrot, oder grünlich.

Diese Geflechte sind es welche eine Lebensgemeinschaft (Mykorhiza) mit den Bäumen eingehen. Die mikroskopisch feinen Fädchen vom Pilzmycel dringen in die Saugwürzelchen der Bäume ein. Hier findet dann der Austausch, das gegenseitige Geben und Nehmen zwischen Baum und Pilz statt. Der Baum versorgt den Pilz mit Zucker und erhält dafür vom Pilz, Wasser, Nährsalze und Aminosäuren. Bäume, welche eine Lebensgemeinschaft mit Pilzen eingegangen sind, sollen bis zu drei mal schneller wachsen und zudem viel weniger anfällig für Krankheiten sein.

Vor noch nicht all zu langer Zeit ist es den Forschern gelungen, mehr Licht in das Leben der Pilze im Untergrund zu bringen. So ist es heute möglich die Ausmaße oder Ausdehnungen der Pilzgeflechte in der Erde festzustellen. Dies führte zu einer Weltsensation. Man war erstaunt über die riesigen Ausmaße der Pilze, denn ab nun war das größte Lebewesen auf Erden nicht mehr der Blauwal oder der Mammutbaum! Denn der Pilz hat alle Rekorde gebrochen. In den Rocky Mountains wurde von einem artverwandten des Hallimasches ein Pilzgeflecht entdeckt mit der sagenhaften Ausdehnung von fast 600 Hektar.

Speisepilze die auf Holz wachsen

Stockschwämmchen, Samtfußrübling, Rauchblättriges-Schwefelköpfchen, Austernseitlinge, Judasohr, Eispilz, Schwefelporling, Eichhase, Laubporling, Riesenporling und noch verschiedene andere Porlinge die aber alle nur jung zu Speisezwecke verwendet werden sollen.

Speisepilze die auf Wiesen wachsen!

Nelkenschwindling, Wiesen Champion, Ellerlinge, Rötelritterlinge, Mairitterlinge, Parasol und andere Schirmpilze, einige Tintlinge und verschiedene Saftlinge. Also gibt es auch hier viel zu sammeln. Voraussetzung ist, daß man sie alle genau kennt. Es gibt bestimmt noch viel mehr Arten. Ich selber habe schon viele Steinpilze im Gras unweit vom Waldrand gefunden.

Speisepilze im Wald!

Natürlich wachsen die meisten Speisepilze im Wald auf dem Boden und in der Laubschicht, oder auch im Moos. Einige der Wiesenpilze kommen im Wald wie auf der Wiese vor, was bei den auf Holz wachsenden Pilzen selbstverständlich ist. Sie befallen Streuobstbäume wie Waldbäume. Verschiedene Pilze ziehen den Buchenwald oder Eichenwald vor, andere lieben den Fichtenwald. Verschiedene Pilzarten können ohne die Kiefer oder ohne Birken nicht leben. So sind viele Pilzarten oft an enge Grenzen gebunden, die sich ein Pilzkenner zu Nutze macht. Er weiß welchen Pilz er wann und wo zu suchen hat und geht deshalb zielstrebig und zur richtigen Zeit, die ihm bekannten Stellen ab und deshalb auch öfter mit einem vollen Korb nach Haus, auch wenn andere Pilzsammler kaum etwas gefunden haben.

Pilze von A - Z

Akerling Bovist Champion Dickfuß Eselsohr Fliegenpilz Gallenröhrling Habichtspilz Judasohr Knollenblätterpilz Lorchel Marone Nebelkappe Ochsenzunge Pfifferling Reizger Satanspilz Steinpilz SCHirmpilz Täubling Verpel Winterpilz Zigeuner.

Anmerkung:
Diese Ausarbeitung enthält im Original zahlreiche Illustrationen, Fotos und Handzeichnungen.


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